Kündigungsschutz und Innovation

Heute mal ein wenig „off-topic“.

Geringer Einfluss

In Handelsblatt unter → Arbeitsmarkt Unternehmen horten ihre Arbeitskräfte ist zu lesen, dass sich die Ökonomen wundern, warum die bisherige Krise (derzeit noch) einen relativ geringen Einfluss auf die Arbeitslosenzahlen gehabt hat. Man denkt bereits daran, den rigiden Kündigungsschutz neu zu bewerten:

„Auch der umstrittene deutsche Kündigungsschutz muss nach der Krise wohl neu bewertet werden. Die Wirtschaft kritisiert seit langem die rigiden Vorschriften. Doch nun könne es zu einer Neubewertung kommen, sagt IAB-Ökonom Brücker“ – im Handelsblatt.

„.. Offensichtlich horten die deutschen Unternehmen Arbeitskräfte, weil sie bald wieder mehr Aufträge erwarten“, sagt der IAB-Arbeitsmarktexperte Herbert Brücker. Ein klares Indiz dafür sei der Einbruch der Produktivität pro Stunde, so der Ökonom des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung. Im Klartext: Die Unternehmen bezahlen ihre Mitarbeiter unverändert, selbst wenn die Pausen angesichts des Arbeitsmangels etwas länger ausfallen als in Boomzeiten“ sagt das Handelsblatt.

„.. Ein Grund für den stabilen deutschen Arbeitsmarkt könnte das Portfolio der Industrie sein, die sehr stark mit Nischenprodukten auf dem Weltmarkt agiert, – das erfordert Know-how. Viele Unternehmen profitierten vom Export in Boomregionen. Anderseits führte die lange Stagnationsphase in Deutschland zu Lohnzurückhaltung, so dass manches Unternehmen Finanzpolster aufbauen konnte, von denen es nun zehrt. „Wegen der hohen Spezialisierung müssen die Unternehmen dafür sorgen, auch in einer Krise ihre Arbeitskräfte halten zu können“, sagt IZA-Mann Schneider“ sagt das Handelsblatt.

Gründe

Folgende Gründe könnten dahinterstehen:

  • Unternehmen befürchten, dass sie in einem kommenden Aufschwung zuwenig Know-How vorweisen können, wenn sie jetzt ihre Kernmannschaft zu stark vermindern.
  • Unternehmen befürchten, dass die Leistungsträger zum Wettbewerb gehen. Daher möchte niemand der Erste sein, der in größerem Stil entläßt.
  • Unternehmen haben sich große verdeckte Reserven aufgebaut, von denen sie heute zehren (u.U. sogar Reserven, die über die hinausgehen, die durch die lange Lohnzurückhaltung aufgebaut wurden).
  • Da die gesamte Wirtschaft in Mitleidenschaft gezogen wurde, fällt es leichter, eine sinkende Ertragskraft (z.B. hervorgerufen durch ggfs unterproportionale Anpassung bei den Mitarbeitern) zu verargumentieren.
  • Es wurden Lehren aus dem Entstehen der Krise gezogen, dahingehend, dass sich die Managementziele verändern, die in letzter Zeit einseitig stark auf den Shareholdervalue ausgerichtet waren.
  • Die Arbeitsmarktgesetze stellen eine hohe Hürde auf, und sorgen dafür, dass sowohl die Einstellung, als auch die Entlassung von Mitarbeitern als Investition gesehen wird, d.h. wohlüberlegt getätigt wird.
  • Neue Strategien im Human Resources Bereich – angetrieben durch die neue Sichtweise, Arbeitnehmer als „Kapital“ zu betrachten, und nicht mehr nur als „Kosten“ – haben zu einer Neubewertung dieses Kapitalstocks geführt (insbesondere in wissensbasierten Industrien).
  • Unternehmen haben begriffen, dass sie auch eine Verantwortung für die Nachfrageseite einer Volkswirtschaft haben, insbesondere dann, wenn die Märkte insgesamt wegbrechen, d.h. fehlende Nachfrage auch nicht substituiert werden kann (passend zur gegenwärtigen Nachhaltigkeitsdebatte)
  • Man erkennt, dass wissensbasierte Volkswirtschaften anderen Parametern gehorchen, als nur den Faktoren „Arbeit“ und „Kapital“. Zum Beispiel wird der Qualität der Arbeit ein höherer Stellenwert eingeräumt (daher wird auch der Ausbildungsstand der Bevölkerung als immer wichtiger erachtet).

Wie dem auch sei. Ich halte es für eine positive Entwicklung.

Weiterführende Informationen

Das Original dieses Artikels ist auf Der Produktmanager erschienen (©Andreas Rudolph). Regelmäßige Artikel gibt es über die (→Mailingliste), oder indem Sie →mir auf Twitter folgen. In der Online Version finden Sie hier die versprochenen weiterführenden Links:

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