Die wachsende Bedeutung der Innovation

Schon vor längerer Zeit hat Markus Gärtner den Artikel →Innovationswellen erschüttern das Tech-Universum veröffentlicht, in dem es um die zunehmende Innovationsgeschwindigkeit und deren Folgen geht – heute möchte ich ihn aufgreifen.

Ich gehe hier auf die Frage ein, wie man Innovation so organisieren kann, daß man ganz Vorne mitspielen kann.

Zentrale Thesen

Die zentralen Thesen des Gärtner’schen Artikels sind schnell zusammengefasst. Demnach beschleunigen sich die Innovationszyklen merklich, u.a. auch, weil neue Länder in den Wettbewerb eintreten. Inzwischen können sich selbst innovative Firmen, die ganz Vorne mitspielen, ganz schnell auf einem Abstellgleis wieder finden, wenn sie nicht aufpassen:

„Für mehr Verunsicherung sorgt in der Tech-Branche, dass immer schnellere Innovationsschübe in Kombination mit dem rasanten Aufstieg der Schwellenmärkte strategische Produktplanung zu einem milliardenschweren Pokerspiel machen. Es scheint neuerdings, dass kaum noch jemand in der Tech-Branche sicher vor einem folgenschweren Fehler oder gar einem Absturz ist. Schlimmer noch: Einstmals unschlagbare Innovatoren wie Microsoft gelten plötzlich als ausgelaugt. Langjährige Publikums-Stars wie die finnische Nokia und der kanadische BlackBerry-Hersteller Research in Motion (RIMM) gelten auf einmal als Sorgenkinder.

Um ganz Vorne mitzuspielen, benötigen Unternehmen umfangreiche Talente und Fähigkeiten in der Produktentwicklung und in der Unternehmensstrategie:

„Und wer in den rasant wachsenden Märkten ganz vorne mitspielen will, braucht beinahe überirdische Riecher und Talente für Design, Marketing, Produktentwicklung und Strategie.“

Gärtner macht drei Grundströmungen für die rasante Änderung der Rahmenbedingungen verantwortlich, die sich zusammenfassen lassen mit den Schlagworten „Innovationsgeschwindigkeit-komplexes Umfeld-Massenmobilisierung“:

„Drei Grundströme sind es, die das Tech-Universum erschüttern, und sie kommen alle zur gleichen Zeit: Es sind Innovationen wie vom Fließband, es ist ein schwieriges globales Umfeld nach der Großen Rezession, und es ist eine radikale Mobilisierung der Welt, der privaten wie der Geschäftswelt.“

Die einzigen Konsequenzen, die Gärtner erwähnt, sind, daß die Fluktuation in den Chefetagen zunimmt, weil eben viele der glücklosen Top Manager ausgetauscht werden. Darüberhinaus bringt er eher im Nebensatz ein für mich interessantes Zitat, daß sehr deutlich zeigt, daß nicht alle Firmen dafür aufgestellt sind, um Produktinnovationen zu managen:

„Techfirmen sehen sich mit einer Atem beraubenden Landschaft von Chancen, aber auch Komplexität konfrontiert, was die Entwicklung und Auslieferung mobiler Produkte für die Bedürfnisse von Firmen und Konsumenten angeht“, heißt es in dem Ernst & Young-Bericht. Mehr noch: „Nur wenige Unternehmen haben die Prozesse und die Disziplin, um diese Art rasanter Produktinnovation zu managen“, sagt der Leiter des globalen Technologiesektors bei Ernst & Young, Kevin Price.

Die Disziplin der Produktinnovation

Um im Markt langfristig bestehen zu können muß man demnach die Frage beantworten, welche Prozesse und welche Disziplin Unternehmen benötigen, um Produktinnovationen zu managen. Meiner Meinung nach sind hierfür verschiedene Faktoren verantwortlich. Auf einige dieser Faktoren will ich nun eingehen.

Entschleunigen um zu beschleunigen

Es wäre eine einfache, menschliche Tendenz eines Managers, wenn er auf den wachsenden externen Innovationsdruck mit zunehmendem internen (Zeit-) druck reagieren würde, z.B. in der Hoffnung zwei neue Produkte zu entwickeln, so man früher nur ein Produkt geschafft hätte.

Produktinnovationen entstehen nicht im luftleeren Raum, sondern werden von Mitarbeitern hervorgebracht. Mitarbeiter, und gerade die Mitarbeiter, die kreativ an neuen Produkten arbeiten können, gibt es weder in unbegrenzten Mengen, noch haben die einzelnen Mitarbeiter unbegrenzte Kapazitäten. Auch kommt hinzu, daß die Produktentwicklung oft einfach seine Zeit benötigt, z.B. um Ideen „abhängen“ zu lassen, oder, um ausreichend mit Kunden zu sprechen. Insofern ist die Beschleunigung in der Praxis nur wenig sinnvoll. Im Gegenteil, sie kann sogar eher hinderlich sein, wenn man an Aspekte, wie die Qualität denkt.

Aus meiner Sicht ist es daher sinnvoll, die externe Beschleunigung von der internen Beschleunigung zu entkoppeln, indem man zum Beispiel über die richtige Arbeitsorganisation nachdenkt, neue Teamformen, und über das Management von Innovation generell.

Kunden

Gerade Marktführer haben die Tendenz anzunehmen, daß sie besser wissen, was Kunden benötigen, als ebendiese Kunden selbst. Sie vernachlässigen daher die Verbindung zu diesen Kunden, oder entwickeln Produkte aus einer reinen Inside-Out-Sicht. Klar, zunächst läßt sich hiermit Zeit sparen. Gerade, wenn sich das Innovationsgeschehen beschleunigt, ist der mangelnde Kundenkontakt eine sehr riskante Einstellung. Einmal können einem nur Kunden sagen, wenn sich Bedarfe verändern. Auch können nur Kunden angeben, wenn sich neue Anforderungen entwickeln.

Man benötigt daher lieber zuviel als zuwenig Kundenkontakt. Allerdings sollte man darauf achten, daß man nicht nur das entwickelt was Kunden fordern, sondern eben mehr und besser (irgendwoher muss die Begeisterung ja kommen).

Ich denke, um dem Innovationsdruck zu begegnen, sollte man auf der einen Seite den Kontakt intensivieren, und institutionalisieren. Auf der anderen Seite sollte man lernen, wie ein Kunde zu denken, was voraussetzt, daß man genau verstanden hat, warum Kunden welche Anforderungen haben.

Wille zur Exzellenz

Man kann prinzipiell viel Zeit dadurch sparen, daß man Produktkonzepte nur noch auf dem Papier ausformuliert, aber nicht mehr umsetzt (auch bekannt als „Death by PowerPoint“), oder dadurch, daß man an der Qualität spart oder an der Usability eines Produktes. Aus meiner Sicht handelt es sich dabei um eine kurzsichtige Betrachtung – sind es doch gerade die Produkte von denen das Aha Erlebnis ausgeht, die besonders erfolgreich sind.

Auch, wenn der Druck zunimmt, sollte man meiner Meinung nach, stets Exzellenz anstreben, wobei dies nicht unbedingt bedeuten muß, daß man endlos viele Funktionen und Features implementiert. Vielmehr sollte man so lange an einem Konzept feilen, bis weder etwas hinzuzufügen ist, noch etwas wegzunehmen ist.

Weiterführende Informationen

… auf www.Produkt-Manager.net

In meinen älteren Artikeln finden Sie weiterführende Informationen zum heutigen Thema:

Kontakt

Das Original dieses Artikels ist auf Der Produktmanager erschienen (©Andreas Rudolph). Regelmäßige Artikel gibt es über die (→Mailingliste), oder indem Sie →mir auf Twitter folgen. In der Online Version finden Sie hier die versprochenen weiterführenden Links:

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