Innovationsfeindlichkeit und die Folgen

Am Wochende war ich auf der Photokina in Köln, und habe viele Unternehmen gesehen, die sich dem Innovationswettbewerb stellen. Dieser Wettbewerb ist in den letzten Jahren auf dem Feld der Fotografie durch eine Entwicklung entstanden, die vor vielen Jahren ganz unscheinbar begonnen hat, nämlich mit der Entwicklung der Digitalkamera.

Heute habe ich in der Presse die Ergebnisse einer Studie gefunden, die sich mit den drängendsten Probleme befasst, die durch die Wirtschaftskrise entstanden sind. Bei genauerem Hinsehen stellt man fest, daß manche Probleme garnichts mit der Wirtschaftskrise zu tun haben, sondern mit der Haltung, die viele Unternehmen gegenüber der Innovation einnehmen, oder in der Vergangenheit eingenommen haben.

Zu den Wirkmechanismen komme ich, wenn ich die Erfahrungen beschreibe, die die Firma Nokia gemacht hat, da sie oft typisch sind.

Drängende Probleme

Lothar Kuhn bespricht heute in seinem Artikel → Lehren aus der Krise eine Studie, die sich mit den größten Problemen befaßt, die Unternehmen heute aufgrund der Wirtschaftskrise haben. Er konstatiert dort interessanterweise, daß sich in vielen Unternehmen das tradierte Geschäftsmodell überlebt hat, und man nun feststellt, daß man in der Vergangenheit zu wenig in die Entwicklung innovativer Geschäftsmodelle investiert hat:

„Die Rezession hat ihre Spuren hinterlassen: Mehr als die Hälfte der Studienteilnehmer räumt ein, dass ihr Geschäftsmodell überholt sei und sie es an veränderte Unternehmensstrategien respektive Umfeldbedingungen anpassen müssten. Fast ein Viertel beklagt zudem, dass sich ihr Unternehmen mit seiner Strategie nicht mehr vom Wettbewerb abhebe. Ein Grund für diese Fehlentwicklung ist sicherlich, dass die Verantwortlichen in nur wenigen Firmen regelmäßig Zukunftsszenarien entwickeln und diskutieren; in Deutschland sind es mit 13 Prozent sogar noch einmal deutlich weniger als im weltweiten Durchschnitt, der bei 19 Prozent liegt. Diese Szenarien sind eine wichtige Voraussetzung, um das Geschäftsmodell rechtzeitig anpassen zu können.“

Schlimmer noch, obwohl viele Unternehmen die Wichtigkeit der Innovationsstärke erkannt haben, vermissen sie die Führungsstärke bei der Umsetzung dieser Erkenntnis.

Man könnte also fast denken, daß nicht alle Spitzenmanager ihrem Anspruch auch nur im Ansatz gerecht werden: Wir sind die Strategen, die in ganz besonderes hohem Maße zur Leistung des Unternehmens beitragen:

„Der zweite wichtige Erfolgsfaktor im Umgang mit Krisen ist Innovationsstärke. Besonders deutsche Manager betonen diese Fähigkeit, vermissen aber erneut eine ausreichende Führungsstärke in diesem Bereich bei ihren Unternehmen – bei Produkt- wie auch Prozessinnovation. Dasselbe gilt für den drittwichtigsten Erfolgsfaktor: etablierte Kundenbeziehungen.“

Nokia’s Lehren

Kevin J. O’Brien schreibt in seinem Artikel → Nokia’s New Chief Faces Culture of Complacency in der New York Times über die Firma Nokia, die eigentlich schon vor Jahren ein Smartphone entwickelt, aber nie produziert hat.

Die Geschichte und das Ergebnis ist nicht neu; die Firma Apple, und nicht Nokia hat mit seinem iPhone die Marktführerschaft übernommen. Nokia hat dem noch immer nichts entgegenzusetzen, und gerät nun langsam in eine Abwärtsspirale, die es zu verlassen gilt:

„A few years before Apple introduced the iPhone, research engineers at Nokia prepared a prototype of an Internet-ready, touch-screen handset with a large display, which they thought could give the company a powerful advantage in the fast-growing smartphone market.“

Die Gründe für eine solche Entwicklung sind auch nicht neu: Das Management hat eine vielversprechende Entwicklung frühzeitig gestoppt, um Kosten zu sparen, oder, um die Rendite zu steigern:

„But management worried that the product could be a costly flop, said the former employee, Ari Hakkarainen, a manager responsible for marketing on the development team for the Nokia Series 60, then the company’s premium line of smartphones. Nokia did not pursue development, he said. „

Ein anderer Grund mag die anwachsende interne Bürokratie gewesen sein, und die falsch organisierten Innovationsprozesse, wie das folgende Zitat zeigt:

„In interviews, Mr. Hakkarainen and the other former employees depicted an organization so swollen by its early success that it grew complacent, slow and removed from consumer desires. As a result, they said, Nokia lost the lead in several crucial areas by failing to fast-track its designs for touch screens, software applications and 3-D interfaces.“

“We tried to convince middle and upper management. But there was no way.”. He also described a highly bureaucratic corporate culture, in which proposals were screened by interlocking management committees with authority to block ideas under consensual rules for decision making. Proposals were often rejected because their payoffs were seen as too small, he said. But “successful innovations often begin small and become very big.”

Was tun?

Der Tenor dieser Artikel ist klar. Innovationsfähigkeit ist sehr wichtig, um unternehmerisch erfolgreich zu bleiben, und dies gerade auch in Wirtschaftskrisen. In vielen Unternehmen spielen die Manager eine falsche Rolle, und töten so oft die Innovationskraft Ihrer Firma ab. Es wird dringend Zeit, daß diese Entwicklung gestoppt wird.

Solche Manager lassen auf der einen Seite zu, daß eine bürokratische Firma entsteht, die ihren eigenen Experten mißtraut. Auf der anderen Seite gehen sie davon aus, daß es einzig Entscheidergremien und Hierarchien sind, die über die Zukunft entscheiden können, und nicht die Mitarbeiter in vorderster Linie, die die Kundenbedarfe ja eigentlich viel unmittelbarer kennen.

Sie sind es zudem, die die Margenziele ausgeben, die zwar kurzfristig erreicht werden mögen, wenn Projekte gestoppt werden. Es sind aber dieselben Margenziele, die dafür sorgen, daß oft auch die Innovation unterbleibt, die langfristig notwendig ist.

Meiner Meinung nach ist es sinnvoll,

  1. Den Einfluß der Unternehmenshierarchie auf die unmittelbaren Produktentscheidungen zu begrenzen.
  2. Einzusehen, daß Marge nicht alles ist, sondern eben auch Dinge existieren, die sich eben nicht mit dieser Größe messen lassen.
  3. Alle Mitarbeiter in die Innovationsprozesse einzubeziehen.

Zu vielen dieser Themen können Sie in meinem Blog weiterlesen, da ich über die einzelnen Elemente einer neuen Strategie schon oft geschrieben habe.

Weiterführende Informationen

… auf www.Produkt-Manager.net

In den folgenden Artikeln finden Sie weiterführende Informationen zum heutigen Thema:

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Das Original dieses Artikels ist auf Der Produktmanager erschienen (©Andreas Rudolph). Regelmäßige Artikel gibt es über die (→Mailingliste), oder indem Sie →mir auf Twitter folgen. In der Online Version finden Sie hier die versprochenen weiterführenden Links:

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