Ideengenerierung ist der einfache Teil – Um innovativ zu sein bedarf es mehr

Gerade heute hat es sich in einem Gespräch wieder gezeigt: viele Leute und Firmen gehen davon aus, daß Innovationsfähigkeit gleichzusetzen ist mit der Fähigkeit, neue Dinge zu erfinden.

Dies ist aber nicht so, wie der heutige Gedanke zeigt. Im Gegenteil; das Entwickeln von neuen Ideen ist der einfache Teil. Um zu einer innovativen Firma zu werden, bedarf es weitaus mehr Anstrengungen. Viele Beiträge auf diese Weg werden vom Produktmanagement geleistet.

Man liest es immer wieder. Gerade während der wirtschaftlichen Verwerfungen der heutigen Zeit, wird in der Innovation, und der Innovationsfähigkeit der Königsweg gesehen. Dabei und daher leistet das Produktmanagement einen wichtigen Beitrag.

Distraction by Ideas

When it comes to innovation, don’t get distracted by the easy-to-measure idea generation part of the process….
….so zumindest sagt Braden Kelley in seinem Artikel →Biggest Myth about Innovation. In diesem Artikel fordert er insbesondere, daß wir uns nicht nur auf die Ideengenerierung konzentrieren sollen. Um zu einer innovativen Firma zu werden, bedarf es der folgenden weitergehenden Faktoren:

  • Guter Zugang zu Schüsselkunden, die als Ideenquelle dienen können
  • Entwurf einer glaubhaften Geschichte, die Kunden, Partnern und Mitarbeitern zeigt, daß man es ernst meint mit der neuen Innovationsorientierung
  • Kommunikation des Commitments an die beteiligten Gruppen.

Er meint, wenn man alles richtig macht, wird man Schritt für Schritt feststellen, daß es zu einer selbsttragenden Innovationskraft kommt.  Hier das Original seiner Forderung:

When it comes to innovation, don’t get distracted by the easy-to-measure idea generation part of the process.
If you truly want to become excellent at innovation, focus your efforts on not only unlocking the key customer insights that help generate ideas, but also on building a believable story for your employees, partners, suppliers, etc. about how you are seriously pursuing innovation excellence in your organization as your new way of doing business. Then focus on how you communicate not only your commitment to becoming excellent at innovation as an organization, but also on how you are following through on all of your talk. If you do this well, then you will face not a decreasing amount of energy for innovation over time, but instead an energy level that is sustainable, enjoyable and powerful.

Ja, aber..

Es deckt sich mit meiner Erfahrung, daß Innovation mehr ist, als „das Erfinden“ und „die Kreativität“. Schliesslich hat es schon Schumpeter, der Urvater des Innovationsbegriffes so gesehen. Insofern hat Kelley recht. Wie ich finde, springt er aber zu kurz in seiner Strategie, das Thema auch umzusetzen.

Kunden

Es stimmt in vielen Fällen, daß es gerade die Schlüsselkunden sind, die den Anstoß für neue innovative Produkte geben. Meiner Meinung nach, sind es aber nicht nur die Schlüsselkunden, sondern die Kunden generell, die als Quelle für Anforderungen gesehen werden sollten. Mangelnde Kundenorientierung hat meiner Erfahrung nach entweder die Ursache, daß man keinen Zugang findet, weil z.B. die eigene Leistung als nicht wichtig angesehen wird. Ein anderer Grund ist häufig, daß eine Organisation nicht kundenfreudlich ist, z.B. weil die Prozesse falsch definiert sind, oder weil es den Mitarbeitern an Kundenorientierung mangelt.

Daher halte ich es für sinnvoll zunächst einmal dafür zu sorgen, daß eine Firma sich kundenorientiert aufstellt. Eine wichtige Vorgehensweise hierbei ist, ein leistungsfähiges Produktmanagement zu installieren. Weiterhin kann man damit beginnen, ausgefeilte Methoden einzusetzen, mit denen man die notwendigen Marktinformationen erhebt.

Mitarbeiter

Gerade in Firmen, die nicht kundenzentriert arbeiten, stellt man oft fest, daß die Mitarbeiter nur sehr ungern externe Einflüsse aufnehmen – in der Literatur ist dies schon oft diskutiert worden unter dem Schlagwort „not invented here Syndrom“. Meiner Erfahrung nach gibt s oft die folgenden Gründe für diese Haltung:

  • Die Firma ist der Auffassung, daß sie die eigentliche Quelle von innovativen Produkten ist, und damit Dritte oder Kunden keine entscheidenden Impulse bieten können.
  • Es werden zuviele eigene Verfahren eingesetzt, und es wird zuwenig Aufwand darin investiert, festzustellen, nach welchem Standard andere Firmen oder der Markt arbeiten.

Die erste Haltung hat oft ihre Ursache darin, daß eine Eigenentwicklung den Beteiligten ein höheres Prestige bringt, als die Übernahme fremder Verfahren. Daher haben Firmen oft die Tendenz, externe Einflüsse abzulehnen. Hier hilft eigentlich nur, daß man die Anreize ändert, indem man z.B. andere Kriterien ein höheres Gewicht für die Weiterentwicklung einräumt.

Die zweite Haltung kommt sehr oft dadurch zustande, daß Firmen oft nicht akademisch arbeiten. Dort ist es durchaus üblich, daß man zunächst einmal eine Literaturrecherche betreibt, und, daß man die Quellen auch benennt. Die Neubesinnung auf akademische Tugenden hilft dabei, daß externe Einflüsse weitaus offener aufgenommen werden.

Freiraum

Viel Innovation geht dadurch verloren, daß Mitarbeiter in das Tagesgeschäft eingebunden sind, und weder die Zeit haben, noch sich den Freiraum nehmen, sich auch einmal mit zukunftsweisenden Themen zu befassen.

Oft denken Mitarbeiter auch einfach, daß  sie stets produktiv arbeiten müssen, um auf der Karriereleiter aufzusteigen. Diese Mitarbeiter sehen dann einen höheren Wert darin, z.B. noch eine Kundenanfrage zu bearbeiten, anstatt sich auch einmal Zeit zu nehmen, über die Produkte von morgen nachzudenken. Sie kenne es ja vielleicht selbst „laut und dringend schlägt oft leise und wichtig“.

Zwei Ansätze helfen dabei, die Verhältnisse zu korrigieren, und das kreative Potential der eigenen Mitarbeiter neu zu heben. Einmal kann man es Firmen wie Google nachmachen, und den „Good Friday“ einführen, der a priori dazu dient, den Mitarbeitern zu signalisieren, daß innovativ verbrachte Zeit als sinnvoll gesehen wird. Auf der anderen Seite sollte man genau diese Mitarbeiter unterstützen, die fachlich in der Lage sind, innovative Produkte zu entwickeln, z.B. indem man Ideenwettbewerbe einführt, oder Unterstützung bietet.

Qualitätsorientierung und Exzellenzinitiative

In vielen Firmen muss sich auch die Haltung zu Qualitätsfragen ändern. Wenn Firma und Mitarbeiter permanent im Feuerwehrmodus arbeiten, bleibt oft die Innovation auf der (zeitlichen) Strecke. Wenn man zudem noch den Themen Qualität und Streben nach Exzellenz zuwenig Raum gibt, wird man es auch nur schwerlich schaffen, herausragende Produkte zu entwerfen.

Nicht umsonst orientieren sich die Besten an den Besten. Was für Menschen gilt, solle auch für Firmen gelten.

In einem Scrum Team bedeutet dies, daß gerade der Produktowner die Flagge der Qualität besonders weit oben halten sollte, auch wenn dies vordergründig zunächst einmal auf die Menge der Features geht, die man entwickelt.

Sensibilität und Trends

Viele Innovationen kündigen sich schon lange vor dem eigentlichen Durchbruch über kleine, schwache Signale an. Viele Firmen übersehen schlicht diese schwachen Signale, und berauben sich so einer wichtigen Möglichkeit, sich einen echten Zeit- und Lösungsvorsprung zu verschaffen.

Meiner Erfahrung nach müssen Mitarbeiter regelmäßig darin geschult werden, daß sie die Umgebung und die Trends wahrnehmen. Dies geschieht natürlich dadurch, daß man sich regelmäßig die Zeit nimmt, sich auch mit dem Markt und den Kunden zu befassen. Weiterhin ist meiner Meinung nach wichtig, daß man die Haltung in Bezug auf Innovation ändert. Nicht nur das tolle neue Gadget ist Innovation, sondern gerade die Verbesserungen, die den Menschen das liefern, was diese wollen.

Um diesen Gedanken aufzunehmen, empfehle ich Ihnen einen Blick in den Artikel in der Zeitung „Die Zeit“, der unter dem Titel →Bremsen, nachdenken, umsteigen neulich erschienen ist. Hier geht es um das Thema

Die rasende Moderne beginnt mit ihrer Selbstreparatur. Wer kann, nimmt ein Sabbatical, kauft langlebige Güter oder bepflanzt Stadtgrundstücke.

und damit um die Frage, ob Kunden wirklich immer das Neue, bessere wollen, und wie sich gerade die Einstellungen ändern, ohne, daß es jeder mitbekommt.

Weiterführende Informationen

… im Internet

Im Internet finden Sie weiterführende Artikel

… auf www.Produkt-Manager.net

In meinen älteren Artikeln finden Sie weiterführende Informationen zum heutigen Thema:

Kontakt

Das Original dieses Artikels ist auf Der Produktmanager erschienen (©Andreas Rudolph). Regelmäßige Artikel gibt es über die (→Mailingliste), oder indem Sie →mir auf Twitter folgen. In der Online Version finden Sie hier die versprochenen weiterführenden Links:

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